Verwaltungsrat_herosmall

Verwaltungsrat: Rechte und Pflichten

29. Mai 2024 - 
Recht

Der Verwaltungsrat ist das zentrale Führungsorgan einer Aktiengesellschaft (AG) in der Schweiz und hat weitreichende Rechte und Pflichten, die im Obligationenrecht (OR) verankert sind. Diese umfassen unter anderem die strategische Leitung, Überwachung und Kontrolle des Unternehmens sowie die Vertretung nach aussen. Durch die Aktienrechtsrevision per 1. Januar 2023 wurden wichtige Änderungen eingeführt, die die Modalitäten der Wahl, die maximale Amtsdauer sowie unübertragbare und unentziehbare Aufgaben des Verwaltungsrats betreffen. Ein Überblick über die geltenden Regelungen.

1

Wahl und Amtsdauer

Gemäss Art. 698 OR wird der Verwaltungsrat von der Generalversammlung gewählt. Die Amtsdauer ist in den Statuten festzulegen, darf jedoch höchstens drei Jahre betragen, bei börsenkotierten Gesellschaften ein Jahr. Eine Wiederwahl ist möglich und in der Praxis häufig, um Kontinuität und Erfahrung zu gewährleisten.

2

Unübertragbare und unentziehbare Aufgaben

Art. 716a OR listet die unübertragbaren und unentziehbaren Aufgaben des Verwaltungsrats auf, darunter:

  • Oberleitung des Unternehmens und Erteilung der nötigen Weisungen
  • Festlegung der Organisation
  • Ausgestaltung des Rechnungswesens, der Finanzkontrolle sowie der Finanzplanung
  • Ernennung und Abberufung der mit der Geschäftsführung und der Vertretung betrauten Personen
  • Oberaufsicht über die mit der Geschäftsführung betrauten Personen
  • Erstellung des Geschäftsberichts, Vorbereitung der Generalversammlung und Ausführung ihrer Beschlüsse
  • Einreichung des Gesuchs um Nachlassstundung sowie Benachrichtigung des Richters im Falle einer Überschuldung
  • Erstellung des Vergütungsberichts, sofern die Aktien an der Börse kotiert sind


Diese Aufgaben dürfen nicht delegiert werden und stellen sicher, dass der Verwaltungsrat seine Kernverantwortungen wahrnimmt und die Geschäftsführung angemessen überwacht.
 

3

Zusammenarbeit und Organisation

Die Organisation des Verwaltungsrats ist in Art. 716b OR geregelt. Der Verwaltungsrat kann bestimmte Aufgaben an Dritte, Ausschüsse oder Einzelmitglieder delegieren, muss jedoch sicherstellen, dass diese Delegation klar definiert und überwacht wird. Die Einführung von spezialisierten Ausschüssen, wie beispielsweise einem Prüfungsausschuss, hat sich in der Praxis bewährt, um die Effizienz und die fachliche Kompetenz des Verwaltungsrats zu erhöhen.


Die Aktienrechtsrevision 2023 hat insbesondere die Transparenzanforderungen und die Anforderungen an die Unabhängigkeit der Mitglieder verstärkt. So muss der Verwaltungsrat nun regelmässige Selbstbeurteilungen durchführen und seine Arbeitsweise kontinuierlich verbessern.
 

4

Der Verwaltungsratspräsident

Der Verwaltungsratspräsident hat eine besondere Stellung innerhalb des Verwaltungsrats. Er leitet die Sitzungen, setzt die Tagesordnung fest und sorgt für die ordnungsgemässe Vorbereitung und Durchführung der Beschlüsse. Der Präsident repräsentiert den Verwaltungsrat nach aussen und trägt massgeblich zur Kohärenz und Effizienz der Arbeit des Verwaltungsrats bei.
In der Praxis kann ein erfahrener Verwaltungsratspräsident die strategische Ausrichtung des Unternehmens prägen und durch seine Netzwerke wertvolle Impulse geben. Gleichzeitig liegt es in seiner Verantwortung, Konflikte innerhalb des Verwaltungsrats zu moderieren und eine konstruktive Arbeitsatmosphäre zu fördern.
 

5

Interessenkonflikte

Interessenkonflikte stellen für den Verwaltungsrat einer Aktiengesellschaft eine besondere Herausforderung dar, da sie die Unabhängigkeit und Objektivität der Entscheidungsfindung beeinträchtigen können.


Gemäss Art. 717 OR haben Verwaltungsratsmitglieder ihre Aufgaben mit aller Sorgfalt wahrzunehmen und die Interessen der Gesellschaft zu wahren. Art. 717a OR legt fest, dass sie potenzielle Interessenkonflikte offenlegen müssen. Ein Interessenkonflikt entsteht, wenn ein Verwaltungsratsmitglied persönliche oder geschäftliche Interessen hat, die den Interessen der Gesellschaft widersprechen könnten.


Beispiel aus der Praxis:
Der Verwaltungsrat eines multinationalen Unternehmens, das in einer Vielzahl von Branchen tätig ist. Ein Verwaltungsratsmitglied könnte persönliche Geschäftsinteressen in einem dieser Bereiche haben, die im Konflikt mit den strategischen Zielen der Gesellschaft stehen. In einem solchen Fall muss das Mitglied den Interessenkonflikt dem gesamten Verwaltungsrat offenlegen und sich von allen relevanten Diskussionen und Entscheidungen zurückziehen.

 

Mögliche Massnahmen zur Vermeidung und Behandlung von Interessenkonflikten

Offenlegungspflicht: Verwaltungsratsmitglieder sind verpflichtet, alle relevanten Interessenkonflikte offenzulegen. Diese Offenlegung sollte sowohl intern im Verwaltungsrat als auch in der Generalversammlung erfolgen, um Transparenz zu gewährleisten.

Enthaltung bei Abstimmungen: Wenn ein Verwaltungsratsmitglied von einem Interessenkonflikt betroffen ist, muss es sich bei der entsprechenden Beratung und Abstimmung enthalten. Dies verhindert, dass persönliche Interessen die Entscheidungsfindung beeinflussen.

Unabhängige Mitglieder: Die Aktienrechtsrevision 2023 hat die Anforderungen an die Unabhängigkeit der Verwaltungsratsmitglieder verschärft. Eine Möglichkeit, dies zu gewährleisten, wäre, dass ein Teil des Verwaltungsrats aus unabhängigen Mitgliedern besteht, die keine geschäftlichen oder familiären Verbindungen zur Gesellschaft haben. Dies fördert die objektive und unvoreingenommene Entscheidungsfindung.

Interne Richtlinien: Viele Unternehmen haben interne Richtlinien und Verhaltenskodizes entwickelt, die detailliert regeln, wie mit Interessenkonflikten umzugehen ist. Diese Richtlinien umfassen oft spezifische Verfahren zur Identifikation, Offenlegung und Handhabung von Interessenkonflikten. 

 

Die strikten Regelungen zur Handhabung von Interessenkonflikten sichern die Integrität und das Vertrauen in den Verwaltungsrat und die gesamte Unternehmensführung. Der sorgfältige Umgang mit Interessenkonflikten ist ein zentraler Aspekt der Corporate Governance und trägt wesentlich zur nachhaltigen und verantwortungsvollen Führung einer Aktiengesellschaft bei.

 

Der Verwaltungsrat ist von zentraler Bedeutung für das Unternehmen. Er trägt die Verantwortung für die langfristige Ausrichtung und den Erfolg des Unternehmens. Dies umfasst nicht nur die Wahrnehmung der unübertragbaren Aufgaben, sondern auch die Sicherstellung einer effektiven Risikokontrolle und Compliance. Verwaltungsratsmitglieder müssen daher über umfangreiche Fachkenntnisse und Integrität verfügen. Sie tragen sowohl rechtlich als auch moralisch grosse Verantwortung, da Fehlentscheidungen erhebliche Konsequenzen für das Unternehmen und dessen Stakeholder haben können.
Der Verwaltungsrat ist das Herzstück der Unternehmensführung und seine Mitglieder tragen durch ihr Engagement und ihre Expertise massgeblich zur Stabilität und zum Erfolg des Unternehmens bei.
 

Blog hören

Autorin

Andrea Vogel

Andrea
 
Vogel

Dipl.-Kffr. (Universität Mannheim), dipl. Verbandsmanagerin VMI, Leiterin Kommunikation, TREUHAND|SUISSE Sektion Zürich

Blog abonnieren

Möchten Sie keinen Blogartikel verpassen? Abonnieren Sie hier unseren Blog.